Lieber Broder,
"keiner kommt am Tod vorbei", hast Du sehr weise bei der ersten Seebestattung gesagt. Du hattest die Urne mit der Asche eines verstorbenen Ostpreußen vor der Küste von Gdansk/Danzig ins Meer gelassen – als Kapitän der "Baltica Vera". 1998 war das und die abenteuerlichste Reise, die ich je erlebt habe. Wir waren von Hamburg durch den Nord-Ostsee-Kanal gefahren, bei Bornholm in Seenot geraten und schließlich doch noch am Ziel angekommen. Es war eine Reise, wie sie zu Dir passte. Aus jeder Schwierigkeit fandest Du einen Ausweg.
Kennengelernt hatte ich Dich Anfang der 90er Jahre in St. Petersburg. Ich hatte von der sagenumwobenen "Tschaika"-Kneipe am Gribojedow-Kanal gehört, bin hingegangen und hab mir dort von Dir Deine Geschichte erzählen lassen. So bist Du in mein Buch "Russland. Gesichter eines zerrissenen Landes" geraten, in dem 17 Schicksale von Gewinnern wie Verlierern, von Karrieristen und korrupten wie ehrlichen Bürgern aus verschiedenen Gesellschaftsschichten Russlands vorgestellt wurden. Und von Visionären, wie Du es einer warst. Die Buchpräsentation fand 1995 in Deiner Kneipe am Großneumarkt statt.
So einen wie Dich, einen, der fast täglich ein Bukett neuer Ideen zündete, hab ich seither nicht wieder kennengelernt. Nun hast Du Dich selbst auf den letzten Weg gemacht. Ich bin mir sicher, Du würdest uns deswegen keine Traurigkeit gestatten, sondern über Deine Schulter zurückschauen und uns zuzwinkern. Was heißen soll: Jetzt kommt wieder was Neues!
